Tinnitus – Wie man ein Phantomgeräusch misst

Wollten Ärzte bis dato eine Tinnitus-Diagnose stellen, waren sie auf Beschreibungen der Betroffenen angewiesen. Die Phantomgeräusche sind nun erstmals objektiv messbar.

Viele Tinnitusgeplagte vernehmen ein Summen, andere ein Rauschen oder Piepsen. Mancheiner wird immer von einem Wasserfall belästigt. Bei anderen wiederum scheint es permanent an der Tür zu klopfen. Laut einer australischen Umfrage hört ca. jeder vierte Mensch regelmäßig Geräusche ohne eine Lärmquelle von außerhalb.

Durch Corona könnte sich die Situation verschärft haben. Einige Monate nach einer Corona Infektion klagten Betroffene vermehrt über Tinnitus sowie geänderte Geräuschwahrnehmung. Zwei Wissenschafter von der Universität Manchester fanden heraus, dass bei 14,8 Prozent nach einer Infektion ein Tinnitus auftrat. 7,6 Prozent erlitten auch noch einen Hörverlusten. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Corona und den Hörstörungen seien jedoch noch nicht bewiesen. Da noch noch systematische Hörtests und breite Studien fehlen teilen die Wissenschaftler ihre Aussagen deshalb selbst nur unter Vorbehalt mit.

Z.B. im Nachbarland Österreich geht man von ungefähr einer Million Menschen mit Tinnitus aus. Wahrscheinlich kann man noch nicht einmal genau sagen, wie hoch die Zahl der Betroffenen ist. Bekannt ist nur, dass es recht häufig ist. Viele hätten ein gewisses Grundgeräusch im Ohr. Dies wäre aber nicht gleich ein Tinnitus. Da die Übergänge fließend sind, variieren die Zahlen so stark. Einen Tinnitus nennt man es, wenn das Geräusch tagsüber zu hören ist und es auch noch so stark in den Vordergrund rückt, dass man oft nicht schlafen kann.

Manigfaltige Ursachen

Wenn das Geräusch im Ohr zu belastend wird, sucht man nach der Ursache. Oft führen Lärmschäden, Erkrankungen wie eine chronische Mittelohrentzündung oder Altersschwerhörigkeit zu einem Tinnitus. Genauso gehören aber auch erhöhter Blutdruck, Kreislaufprobleme, Stoffwechselerkrankungen, Stress oder Verspannungen zu den auslösenden Ursachen. Ein ungesunder Lebensstil kann zu einer Durchblutungsstörung führen. Die Organe werden schlechter mit Sauerstoff versorgt, das kann die Nerven im Hörsystem schädigen.

Bei der Ursachenfindung sowie der Intensität des Geräuches war man bisher auf die Angaben der Patienten angewiesen. Dies ist alles nur sehr subjektiv zu bewerten.

Das könnte sich nun ändern

Das Karolinska-Institut in Stockholm hat jüngst eine Methode untersucht, die einen Tinnitus quantifizierbar machen soll. Mittels der „Hirnstamm-Audiometrie“ sollen die Töne ermittelt werden. Es werden Elektroden auf die Stirn geklebt und so Hirnsignale gemessen. Die elektrische Aktivität in der Hörbahn (Teil des Gehirnstamms) wird gemessen während Betroffene Töne wahrnehmen. Neu ist das Verfahren allerdings nicht, es war bisher jedoch nicht klar, ob die Methode wahrgenommene Geräusche zuverlässig nachweisen kann.

Das Verfahren wird nun durch die Studie bestätigt. Genauso auch die Tatsache, dass die Hirnstamm-Audiometrie ein guter Biomarker für die Erkennung bei chronischem Tinnitus darstellt. Die Studie zeigt klar, dass die Hirnstammaktivität der Testpersonen mit Tinnitus klar ab von denen abwich, die solche
Symptome nicht haben.

Psychische Belastung bei Tinnitus

Durch ein objektives Kriterium könnte zukünftig ebenso ein Behandlungserfolg gemessen werden. Dieser kann bei einem Tinnitus positiv ausfallen. Es gibt Ursachen, die völlig harmlos sind, wie z.B. Verspannungen. Wenn das behandelt wird, kann der Tinnitus oft in den Hintergrund gedrängt werden.
Die Patienten wissen dann, woher das Geräusch kommt. Deshalb fühlen sie sich nicht mehr so stark gefährdet, dies ist eine Form der Heilung.

Natürlich geht es trotz objektiver Messmethoden an erster Stelle um den subjektiven Leidensdruck. Dieser ist individuell undsehr unterschiedlich. Dabei kommt es auch immer sehr auf die psychische Befindlichkeit der Patienten an.

Ein anhaltendes Geräusch im Ohr kann mental sehr belastend sein sowie das Leiden immer mehr verschlimmern. Hat man z.B. durch ein Ereignis, dass einen emotionalen Hintergrund hat, einen Tinnitus, so kann dieser dann verstärkt werden.

Psychotherapie ist daher oft ein wichtiger Ansatz und die Heilungsraten wären hoch. Das ständige Piepsen oder Rauschen und die psychische Reaktion darauf führt zu der eigentlichen Belastung; dies sei aber gut heilbar. Aber auch wenn das Geräusch nicht verschwindet, kann der der Leidensdruck sinken.
Es ist es manchmal keine Heilung im Sinne von Befreiung vom Tinnitus, jedoch kann es eine Befreiung von den Leiden durch den Tinnitus sein.

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